Freitag, 6. März 2015

Schweiz: Quotendiskussion zeigt Wirkung

Der Anteil weiblicher Verwaltungsräte von Schweizer Firmen hat im vergangenen Jahr deutlich zugenommen. Dagegen sind Frauen in den Geschäftsleitungen weiterhin kaum vertreten.
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In Schweizer Unternehmen gibt es zunehmend weibliche Verwaltungsräte – in der Geschäftsleitung sind sie jedoch weiterhin kaum vertreten. (Bild: Gaetan Bally / Keystone)
In Anbetracht der laufenden politischen Diskussion über die Einführung einer Frauenquote dürfte der regelmässig publizierte Schillingreport in diesem Jahr besonders grosse Aufmerksamkeit geniessen. Es handelt sich nämlich um eine der wenigen Erhebungen, die die Durchmischung von Führungspositionen grosser Schweizer Unternehmen genauer unter die Lupe nehmen. Eine der Kernaussagen des Berichts lautet, dass mit Blick auf die Gender-Diversität in einigen Bereichen jüngst Fortschritte erzielt worden sind. Hingegen schneiden aber andere Bereiche gemessen an der Geschlechter-Durchmischung nach wie vor schlecht ab, was im Urteil von Guido Schilling, Inhaber des gleichnamigen Beratungsunternehmens, darauf hindeutet, dass es innerhalb der Schweizer Wirtschaft einen Kulturwandel brauche.

Fehlende Rollenbilder

Positiv vermeldet wird, dass der Frauenanteil in den Verwaltungsräten der grössten hundert Schweizer Unternehmen Ende 2014 gegenüber 2013 von 13% auf 15% gestiegen ist. Vor fünf Jahren lag er noch bei 10%. Beachtenswert ist, dass dabei jeder dritte vakante VR-Sitz im vergangenen Jahr mit einer Frau besetzt wurde. Schilling geht davon aus, dass die Quotendiskussion dabei eine dynamisierende Wirkung gehabt hat. Dies gilt allerdings nicht für die Geschäftsleitungen, wo der Frauenanteil seit 2006 lediglich von 4% auf 6% zunahm und in den vergangenen drei Jahren auf diesem Niveau stagnierte.
Im UrtFeatured imageeil von Schilling dürften ein Mangel an Rollenbildern und Akzeptanzprobleme wichtige Ursachen für die fehlende Vertretung von Frauen in Spitzenpositionen sein. Zugleich sei es einfacher, qualifizierte Frauen für einen Verwaltungsratssitz zu finden, da es sich hierbei im Gegensatz zu den Geschäftsleitungs-Stellen in der Regel um Teilzeitpensen handle. Eine nachhaltige Veränderung werde sich wohl erst in 20 Jahren abzeichnen. Laut seinen Schätzungen dürfte sich der Frauenanteil 2020 in den Geschäftsleitungen der 10%-Marke angenähert haben.
Nicht viel anders sieht das Bild bei den SMI-Firmen aus, wobei die Diskrepanz hinsichtlich der Geschlechtervertretung in deren Geschäftsleitungen noch grösser ist als bei den übrigen (nicht im Leitindex aufgeführten) 100 Grossunternehmen. So haben 40% der SMI-Konzerne 2015 keine weiblichen Geschäftsleitungsmitglieder. Ausserdem wiesen sie im vergangenen Jahr bei der Neubesetzung ihres Verwaltungsrates mit Frauen keine ähnlich dynamische Entwicklung auf wie die übrigen Unternehmen.
Wenig vorteilhaft fällt auch der Vergleich mit Deutschland aus. So erreichte der Frauenanteil in den Aufsichtsräten der im Leitindex DAX vertretenen Unternehmen im vergangenen Jahr 25%. Bei den SMI-Firmen betrug er 17%. Der Unterschied hängt laut Schilling damit zusammen, dass die deutsche Regierung die Durchsetzung der Quote konsequent verfolgt. Ausserdem übe sie Druck auf die obersten Führungsgremien aus. Solche staatlichen Eingriffe sind allerdings laut Schilling rein populistisch motivierte Massnahmen. Gleichzeitig gibt er sich aber überzeugt, dass Schweizer Firmen von der Frauenquote in Deutschland profitieren. Damit steige nämlich das Reservoir weiblicher Spitzenkräfte, das auch den Schweizer Unternehmen bei der Rekrutierung zur Verfügung stehen dürfte.

Deutsche kehren zurück

Beeindruckend ist im Gegenzug die starke Vertretung ausländischer Spitzenkräfte in der Schweiz. So liegt der Ausländeranteil in den Verwaltungsräten und in den Geschäftsleitungen der grössten 100 hiesigen Unternehmen bei 36% bzw. 42%. Allerdings stagnierte er Ende 2014 auf dem Vorjahresniveau. Die Schweiz ist damit für Spitzenpositionen zwar nach wie vor attraktiv. Aber viele ausländische Geschäftsleitungsmitglieder (vor allem Deutsche) kehrten in den vergangenen Jahren in ihre Heimat zurück. Im Urteil von Schilling hat die Anziehungskraft der Schweiz als Arbeitsort nachgelassen. Auffällig ist der hohe Ausländeranteil bei den weiblichen Geschäftsleitungsmitgliedern: 50% haben einen ausländischen Pass.

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