Das von der Regierung geplante Gesetz über eine verbindliche Frauenquote in
den Vorständen und Aufsichtsräten von Unternehmen würde nach den derzeit
vorliegenden Leitlinien der Ministerien für Familie und Justiz für 101 Firmen
in Deutschland gelten.
Nur fünf davon würden die dort vorgesehene 30-Prozent-Geschlechterquote im
Aufsichtsrat bereits erfüllen. Diese kleine Zahl hängt in erster Linie mit dem
geringen Frauenanteil unter den Vertretern der Kapitaleigner zusammen. Damit
die diskutierte Quote bis 2016 in allen derzeit vom geplanten Gesetz erfassten
Unternehmen erfüllt würde, müssten auf den Anteilseignerbänken 142 männliche
Aufsichtsräte ihren Sitz für Frauen räumen. Auf der Arbeitnehmerbank ist der
Frauenanteil bereits heute deutlich höher: Hier müssten nur 91 Mandate bis 2016
neu mit Frauen besetzt werden. Zu diesen Ergebnissen kommt eine neue
Untersuchung von Mitbestimmungsfachleuten der Hans-Böckler-Stiftung. Die
Experten attestieren den Leitlinien zum Gesetz allerdings auch wesentliche
Defizite: Der Geltungsbereich sei willkürlich gezogen und die geplanten Quoten-Vorschriften
für betriebliche Arbeitnehmer-Vertreter ignorierten betriebliche Realitäten.
Frauenquote: Gesetzesvorhaben lässt viele Fragen offen – nur fünf
Unternehmen würden geplante Quote jetzt schon erfüllen
Laut Gesetzes-Leitlinien soll die Quote für „voll mitbestimmte börsennotierte“ Unternehmen gelten. Das Begriffspaar „voll mitbestimmt“ ist zwar juristisch bislang nicht eindeutig definiert, meint aber Unternehmen, deren Aufsichtsräte jeweils zur Hälfte mit Vertretern der Kapitaleigner und der Beschäftigten besetzt sind. Davon gibt es in Deutschland 101, die gleichzeitig börsennotiert sind – von A wie Adidas AG bis W wie Wüstenrot und Württembergische AG. Hinzu kommen sieben paritätisch mitbestimmte Europäische Aktiengesellschaften (SE). Für die SEs könne der deutsche Gesetzgeber nach Europarecht zumindest für die Arbeitnehmerseite aber keine Quote vorschreiben, betonen die Studienautoren Marion Weckes und Lasse Pütz.
Dax 30: Mehr als 60 Prozent der Frauen in
den Aufsichtsräten sind Arbeitnehmervertreterinnen
Ende 2013 kamen in den 30 Unternehmen des Dax auf 449 männliche Aufsichtsräte 115 Aufsichtsrätinnen. Knapp 62 Prozent davon, insgesamt 71, waren Arbeitnehmervertreterinnen.
Auch die Detailauswertung unter den 101 Unternehmen, für die nach den
aktuellen Regierungsplänen künftig die Quote gelten soll, zeigt eine breitere
Repräsentation von Frauen auf den Arbeitnehmerbänken. Nur fünf Unternehmen
erfüllten am 31.12.2013 bereits das Quoten-Kriterium, nach dem auf beiden
Seiten des Aufsichtsrats je mindestens 30 Prozent weibliche Mitglieder
vertreten sein sollen: Die Deutsche Bank, Beiersdorf, Cewe, Henkel sowie die
Telefonica Deutschland. In insgesamt 18 Unternehmen saßen aber auf der
Arbeitnehmerseite schon mehr Frauen als zur Erfüllung der Quote erforderlich
wären. Für die Bank der Kapitaleigner galt das in nur einem Unternehmen.
Beispiel Betriebsratswahl: Geschlechteranteil in der Belegschaft maßgeblich
Beispiel Betriebsratswahl: Geschlechteranteil in der Belegschaft maßgeblich
Zwar stieg auch auf der Kapitalseite der Frauenanteil in den Aufsichtsräten während der vergangenen Jahre an. Doch insgesamt „haben die Arbeitnehmer mehr für die Geschlechtergerechtigkeit in den Aufsichtsgremien getan als die Anteilseignerseite“, schreiben die Experten. Gleichwohl sei eine feste Quote bei der Wahl von betrieblichen Arbeitnehmervertrerinnen und -vertretern problematisch, geben Pütz und Weckes zu bedenken. Schließlich seien weibliche und männliche Beschäftigte in den Belegschaften zum Teil unterschiedlich stark vertreten. „Die Arbeitnehmervertreterinnen rekrutieren sich aus der Belegschaft. Deshalb wäre es geboten, die Geschlechteranteile in der Belegschaft angemessen zu berücksichtigen“, schreiben die Forscher. In diesem Punkt griffen die Leitlinien der Ministerien zu kurz, kritisieren sie.
Als bessere Lösung verweisen die Fachleute auf die Regelungen im
Betriebsverfassungsgesetz, die sich bei der Quotierung von Betriebsratsgremien
daran orientieren, wie viele Frauen und wie viele Männer im Betrieb arbeiten.
„Der Gesetzgeber wäre gut beraten, wenn er solche erfolgreich praktizierten
Regelungen berücksichtigt“, betonen Weckes und Pütz.
Und noch an einem zweiten Punkt sehen die Fachleute der
Hans-Böckler-Stiftung die Gesetzes-Leitlinien kritisch: Die Bindung an das
doppelte Kriterium Börsennotierung und paritätische Mitbestimmung erscheine „in
seiner Kombination willkürlich.“ Eine angemessene Repräsentation von Frauen in
den Entscheidungsgremien sei „ein gesamtgesellschaftliches Anliegen, das nicht
auf eine Mitbestimmungsform des Aufsichtsrats in Kombination mit der
Börsennotierung der Unternehmen reduziert werden kann“, schreiben sie. Deutlich
angemessener sei es, eine Quote ab einer bestimmten Größe für alle
börsennotierten Unternehmen vorzugeben, um auch die Unternehmen einzubeziehen,
die nicht mitbestimmt sind.
Quelle: http://www.handwerkermarkt.de
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