Sonntag, 20. April 2014

Weit entfernt vom Ziel

Von der Erfüllung der Frauenquote sind die deutschen börsennotierten Unternehmen noch weit entfernt. Eine Studie zeigt, dass erst 5 von 101 Unternehmen die Vorgaben der Richtlinen zur Frauenquoete erfüllt haben. Eine Analyse.

Seltenes Bild: Frauen in Führungsrollen.
Foto: dpa



Nach dem Willen der Bundesregierung soll ab 2016 eine gesetzliche Frauenquote für Aufsichtsräte in bestimmten börsennotierten Unternehmen gelten. Mindestens 30 Prozent der Kontrolleure sollen dann Frauen sein. Derzeit gibt es 101 Konzerne, für die die Vorschrift gelten soll, ergab eine Erhebung der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung.

Ende vorigen Jahres haben lediglich fünf dieser 101 Unternehmen den Frauenanteil erfüllt: die Deutsche Bank, Beiersdorf, Cewe, Henkel sowie Telefonica Deutschland. In den anderen Unternehmen müssten 233 Männer ihren Posten für Frauen räumen. Sonst, so die bisherigen Pläne, muss der Stuhl im Aufsichtsrat leer bleiben.

Frauen freiwillig in Führungspositionen bringen

Eigentlich sollten Unternehmen freiwillig mehr Frauen in Führungspositionen bringen. Noch 2011 war sich die damalige Familienministerin Kristina Schröder (CDU) sicher, dass die Dax-30-Unternehmen ihre freiwillige Selbstverpflichtung schon einhalten würden. Doch weit gefehlt. Nach wie vor ist die Zahl der Frauen in Vorständen und Aufsichtsräten großer Unternehmen gering. Der Studie der Böckler-Stiftung zufolge hat sich seit 2005 kaum etwas in den Aufsichtsräten der Konzerne verändert. Immer noch ist der Männeranteil wesentlich höher: 2013 saßen 449 Männer in den Kontrollgremien der 30 Unternehmen und lediglich 115 Frauen.

Im März dieses Jahres haben Familien- und Justizministerium dann sogenannte Leitlinien für die Frauenquote erarbeitet. Dort wird beschrieben, wie die Quote in Aufsichtsräten erfüllt werden soll. Und welche Konsequenzen drohen, wenn die Vorgaben nicht eingehalten werden. Doch die Böckler-Stiftung hat Bedenken.

So sehen die Leitlinien vor, dass die Quote nur für börsennotierte Unternehmen gilt, die der paritätischen Mitbestimmung unterliegen. Diese beiden Kriterien seien beliebig, kritisiert die gewerkschaftsnahe Stiftung. Zudem könnten die Unternehmen versuchen, der Frauenquote zu entkommen, indem sie ihre Gesellschaft umwandeln. Das dürfte möglich sein, denn für Europäische Aktiengesellschaften ist offenbar keine Quote vorgesehen.

Ein weiterer Kritikpunkt der Böckler-Stiftung an den Leitlinien ist das Außerachtlassen der Männer- und Frauenanteile in den Belegschaften. In einem Unternehmen mit hohem Männeranteil wäre eine Frauenquote von 30 Prozent schwer realisierbar. Hier verweisen die Studienmacher auf bereits existierende Regelungen zur Betriebsratswahl, die das Geschlechterverhältnis in der Belegschaft berücksichtigen.

Tatsächlich ist es nicht ausgeschlossen, dass Konzerne versuchen werden, die Frauenquote zu umgehen. Anstatt zu sagen, warum das alles so nicht geht, sollten Gewerkschaften und Arbeitgeber aber besser überlegen, wie es denn gehen könnte. Genug Zeit dafür ist noch. Schließlich soll die Vorschrift erst ab dem Jahr 2016 gelten.

Die schwarz-rote Koalition in Berlin hat die Leitlinien ganz offenbar ja auch deswegen ausgearbeitet, damit die Tarifparteien – also Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände – noch Verbesserungsvorschläge machen können, wie die Quote in der Praxis konkret umgesetzt werden soll.

newsxs.com Von JULIANE MEISSNE

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