Die geplante Frauenquote in Aktiengesellschaften fällt deutlich schärfer
aus als bislang gedacht. Einen Mindestanteil von 30 Prozent im Aufsichtsrat hat
die schwarz-gelbe Bundesregierung zwar nur für die rund 100 größten Unternehmen
– mit Ausnahme der „Europa-AGs“ – angekündigt. Doch in dem am Wochenende
bekanntgewordenen Gesetzentwurf von Bundesjustizminister Heiko Maas und
Frauenministerin Manuela Schwesig (beide SPD) findet sich an versteckter Stelle
eine folgenreiche Bestimmung für rund 3500 Unternehmen, die sich die Höhe ihrer
„Flexi-Quote“ selbst aussuchen können. Demnach müssen dort in den
Aufsichtsräten und Vorständen „mindestens ein Mann und eine Frau“ sitzen.
Nach Angaben des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) besteht
jedoch in 60 Prozent dieser Unternehmen der Aufsichtsrat nur aus drei Personen.
Sogar in mehr als 80 Prozent habe der Vorstand höchstens drei Mitglieder. Damit
würde für 2100 Firmen im Aufsichtsrat und für 2800 Mittelständler im Vorstand
eine Quote von einem Drittel gelten.
Vorhaben der Gesetzgeber in der Kritik
„Der Entwurf zwingt viele hundert Unternehmen zur Einführung unflexibler
Quoten in Vorständen und Aufsichtsräten“, kritisierte Holger Lösch vom BDI.
„Der Gesetzgeber hat vor, in die Selbstorganisation von Unternehmen viel
stärker einzugreifen als heute.“ Das sei nicht hinnehmbar. Besonders
problematisch sei, dass es in jedem Gremium mindestens eine Frau und einen Mann
geben müsse – zumal angesichts einer durchschnittlichen Vorstandsgröße von nur
2,45 Personen in börsennotierten Unternehmen.
Justizminister Maas verteidigte derweil das Gesetzesvorhaben. Bei einer
Verfassungsreform sei vor 20 Jahren der Auftrag des Staates ins Grundgesetz
aufgenommen worden, die „tatsächliche Gleichberechtigung“ zu fördern, sagte er
laut Redetext am Dienstagabend auf der Jahreskonferenz der Kommission, die den
Corporate-Governance-Kodex herausgibt. In Zeiten des Fachkräftemangels dürfe
das enorme Potential hochqualifizierter Frauen nicht ungenutzt bleiben. Es gebe
längst genug qualifizierte Frauen, und diese würden in einem „Kamineffekt“
weitere Frauen in Führungspositionen nachziehen. Maas zeigte sich überzeugt,
dass wegen deren überzeugenden Leistungen die gesetzliche Quote schon bald
überflüssig sein werde.
Der Minister wies darauf
hin, dass entgegen einem anderslautenden Zeitungsbericht der vorgegebene
Frauenanteil nicht schon im Jahr 2016 erfüllt sein müsse, sondern erst bei den
dann beginnenden Neubesetzungen. Auch bedeute die Regelung des „leeren Stuhls“,
nach der bei Verstößen Aufsichtsratssitze leer bleiben, keinen Verstoß gegen
das Eigentumsrecht der Aktionäre. Die Leiter von Hauptversammlungen würden
rechtswidrige Kandidatenvorschläge kaum zur Abstimmung stellen. Anderenfalls
sei die Wahl zwar nichtig, aber ein Gericht könne rasch ein Ersatzmitglied
bestellen.
Quelle: F.A.Z.
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