Freitag, 27. Juni 2014

Roland Berger: Ohne Frauenquote geht es nicht

Studium in Rekordzeit, Praktika und drei Sprachen fließend: Dieser Lebenslauf gilt als Maß aller Dinge für die Karriere. Der Chef der Strategieberatung Roland Berger ermuntert Firmen, neue Suchraster anzulegen – auch bei der Suche nach Spitzenfrauen für die Wirtschaft.

Auf der Führungsebene vieler Unternehmen sind Frau immer noch in der Minderheit.
 Bild: dpa








MÜNCHEN Die Einführung einer Frauenquote für Spitzenposten in der deutschen Wirtschaft ist nach Ansicht des Unternehmensberaters Burkhard Schwenker überfällig. Der Chef des Beratungsunternehmens Roland Berger warnte nach den jahrelangen Diskussionen vor weiteren Verzögerungen. „Ich bin der Meinung, wir brauchen die Quote, weil der Systemwechsel sonst nicht gelingt“, sagte er in München. „Und genau so wichtig ist es, dass die Politik endlich die richtige Infrastruktur dafür schafft.“
In den vergangenen Jahren habe sich zwar viel bewegt und der Anteil der Frauen auf wichtigen Posten sei deutlich höher als früher. Im Vergleich zu anderen Ländern hinke Deutschland aber hinterher. „Es wäre ein echtes Problem, wenn die Quote jetzt nicht käme.“

Damit haben Familienministerin Manuela Schwesig und ihr Justiz-Kollege Heiko Maas (beide SPD) einen prominenten Fürsprecher aus der Wirtschaft für ihre Pläne, im Jahr 2016 eine verbindliche Frauenquote einzuführen. Für die Aufsichtsräte börsennotierter Konzerne soll dann eine Quote von 30 Prozent vorgeschrieben werden. Schwenker geht davon aus, dass gesetzliche Vorgaben nur für eine begrenzte Zeit notwendig sind, um den Wechsel anzustoßen. In zehn Jahren werde es wohl normal sein, dass Vorstände und Aufsichtsräte mit Männern und Frauen, Deutschen und Ausländern besetzt sind.

Für die Entwicklung der Firmen sei der Mix von größter Bedeutung. „Wir brauchen die Vielfalt, weil sie zu besseren Entscheidungen führt.“ Die Führungsverantwortung eines Unternehmens habe sich verändert - das müsse sich im Management widerspiegeln. Schwenker hatte die Frauenquote früher selbst kritisch beurteilt. „Inzwischen habe ich meine Meinung geändert, weil ich sehe, dass es wohl nicht anders geht.“
Nicht zuletzt zwinge auch der demografische Wandel die Firmen dazu, ihre Suche nach Fachkräften breiter anzulegen. An geeigneten Frauen für Spitzenposten mangelt es aus Schwenkers Sicht nicht. Allerdings müssten die Firmen ihr klassisches Suchraster ändern, um fündig zu werden: Statt stromlinienförmigen Biografien mit einem Studium in Rekordzeit, mehreren Praktika und Auslandserfahrung im Alter von 25 sollten auch „breitere Lebensläufe“ eine Chance haben. „Es zeugt auch von Verantwortungsbewusstsein, Kinder erzogen oder die Eltern gepflegt zu haben.“ Das sind eher neue Töne aus der größten deutschen Strategieberatung. Schwenker betonte, dass auch dort ein Umdenken eingesetzt habe. Auch Kandidaten mit „Ecken und Kanten“ hätten durchaus Chancen.

Er empfahl jungen Leuten, bei der Auswahl ihres Berufs nicht auf die möglichen Karrierechancen zu schielen - sondern nach den eigenen Interessen und Begabungen zu gehen - und einen Fehler auch mal mutig zu korrigieren. „Wenn man merkt, dass man den falschen Studiengang gewählt hat, sollte man wechseln.“ Es bringe nichts, sich an das falsche Studium zu klammern, nur um einen Bruch im Lebenslauf zu vermeiden.

Schwenker stand mit Unterbrechungen insgesamt acht Jahre an der Spitze von Roland Berger und wechselt in Kürze voraussichtlich in den Aufsichtsrat. Sein Nachfolger soll am Wochenende bei einer Versammlung der Partner gewählt werden. Als aussichtsreicher Kandidat wird der Franzose Charles-Edouard Bouee gehandelt, der seit dem vergangenen Jahr Geschäftsführer (Chief Operating Officer) ist und das Asien-Geschäft leitet.

Quelle: nwzonline von Daniela Wiegmann

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