"Frauen müssen
risikobereit sein - und nicht brave Fleißbienchen"
Zwölf Top-Frauen, ein
Dutzend Geschichten: Zwölf erfolgreiche Managerinnen zeichnen für manager
magazin online ihren Weg nach oben nach - und berichten, worauf es ankommt.
Heute: MAN-Managerin Angelika Wetzstein.
Angelika Wetzstein: Die 39-Jährige leitet bei MAN
Truck&Bus die Vorstands- und Aufsichtsratsangelegenheiten
Nach Schule, Studium und erster Berufserfahrung, als
ich mich nicht mehr wegen studentischer Hilfstätigkeiten auf dem Arbeitsmarkt
herumtreiben musste, kam ich zum ersten Mal auf den Gedanken, dass es als Frau
nicht nur Vorteile im Leben gibt. Ich war Ende 20 und im berühmten
"gebärfähigen" Alter - für viele Grund genug, lieber männliche
Kollegen zum Gespräch einzuladen.
Meine
Erwartungen waren also erfahrungsgemäß niedrig, als ich nach den ersten
Praxisjahren im Mittelstand im Bewerbungsgespräch bei meinem heutigen
Arbeitgeber saß. Meine Erfahrungen waren dafür umso positiver.
Vor über acht Jahren fing ich im operativen
Personalbereich als Sachbearbeiterin an. Noch in der Probezeit und kinderlos
habe ich mich im Konzern für den Bau des ersten MAN-Kinderhauses stark gemacht.
Man kann ja nicht immer nur herumjammern, was die Politik nicht auf die Reihe
bekommt, dachte ich mir.
Im Nachhinein würde ich behaupten, durch dieses
Engagement im Konzern sichtbar geworden zu sein. Denn das Thema entwickelte
sich gesellschaftspolitisch und konzernintern rasant. Auf einmal saß ich allein
in Vorstandsterminen und war Managern, Kollegen und Betriebsräten bestens
bekannt, wenn auch mit einem "typischen Frauenthema". Aber was soll's,
Sichtbarkeit ist Sichtbarkeit.
"Kann ich nicht" müssen wir
aus unserem Denksystem verbannen
Gute zwei Jahre später folgte die Leitung der
Abteilung Labour Relations, Verhandlungen mit dem Gesamtbetriebsrat. Eine Zeit,
in der ich ungemein viel gelernt habe, über Männer, von Männern, über Macht und
Politik. Und ich habe festgestellt, dass mich insbesondere die machtpolitische
Gemengelage interessiert, die es überall dort gibt, wo Menschen
zusammenarbeiten. Die hohe Kunst der Politik ist nicht jedermanns Sache, das
weiß ich wohl.
Dennoch staune ich immer wieder darüber, warum
ausgerechnet wir Frauen uns so sehr davon distanzieren und uns lieber dem
Fleißbienchen-Dasein widmen. Ein bisschen Selbstkritik schadet an dieser Stelle
ja auch nicht. Es sind nicht immer die anderen, beispielsweise, wenn wir uns
nichts zutrauen.
Meine erste instinktive Reaktion auf das Angebot der
Abteilungsleiterstelle war: "Das kann ich doch gar nicht." -
"Dann lernen Sie es", widersprach mein damaliger Chef, "Karriere
macht man nur mit dem Sprung ins kalte Wasser." Er hatte Recht: "Kann
ich nicht" müssen wir zugunsten einer höheren Risikobereitschaft mal
dringend aus unserem weiblichen Denksystem verbannen.
Dankbarkeit? Wofür?
Andere Dinge sind aber genauso dringend aus so manchem
männlichen Denksystem zu streichen. Etwa wenn Frauen, die keinen Hehl daraus
machen, vorankommen und sich entwickeln zu wollen, inhaltlich wie entgeltlich,
gerne mal vorgeworfen wird, undankbar zu sein. Während ihren männlichen
Mitstreitern anerkennend auf die Schulter geklopft wird, nach dem Motto:
"Der hat Biss, der will noch was erreichen".
Als sich mir eines dieser Denk-Auslaufmodelle auf
meiner Karriereroute in den Weg stellte, war ich ratlos: "Äh, wie,
Dankbarkeit? Wofür? Dass man mich schon auf so ein Level befördert hat als
Frau?" Ich wusste gar nicht, dass Dankbarkeit das Attribut eines
unternehmerisch denkenden Mitarbeiters ist. Es passt nicht, auch nicht zu
meinem Selbstverständnis. Wer für sich selbst nicht kämpfen kann, der kann es
auch nicht fürs Unternehmen. Heute weiß ich zum Glück: Erwartete Dankbarkeit
ist antiquiert, hochgradig unprofessionell und drückt irgendwie Hilflosigkeit
aus.
Kluge Männer sind beim Thema Frauenquote
maximal entspannt
Apropos
Hilflosigkeit: Mich schreckt männlich dominantes Verhalten nicht. Die zeitweise
leicht dominanten Wesenszüge meines Vaters haben mich vieles gelehrt, unter
anderem, wie ich trotzdem ans Ziel komme: Sich nicht davon abschrecken lassen,
nicht alles dem Zufall überlassen, hartnäckig das eigene Netzwerk nutzen und
ausbauen und zum richtigen - und keinesfalls zu frühen - Zeitpunkt in
Opposition gehen.
Und trotz des Sich-Durchsetzens bleibt für mich eine
charmante Umgangsweise ein wichtiger Bestandteil meiner weiblichen Identität.
Vielleicht auch deswegen bekam ich von meinen ehemaligen Verhandlungsgegnern
die liebevolle Bezeichnung "verreckte Henna" (bayerisch für
"schlaues Huhn") verpasst - für mich eine der höchsten
Auszeichnungen. Frauen, die sich als die härteren Männer gerieren, sind mir
nicht geheuer und vielleicht auch langsam ein Modell der Vergangenheit.
Stattdessen freue ich mich über den steten Zuwachs junger Kolleginnen, die sich
und ihre DNA nicht in Frage stellen, auf keiner Position.
Insgesamt finde ich Humor immer sehr hilfreich im Umgang
mit den kleinen Widrigkeiten des Lebens. Statt mit mittelmäßigen Männern über
das Angstgespenst "Frauenquote" zu diskutieren (die klugen Männer
bleiben bei dem Thema ja sowieso maximal entspannt - sie wissen, sie bestehen
trotz Quote), lächle ich charmant und antworte: "Da halte ich es mit
Loriot: Frauen haben auch ihr Gutes". Kein Widerspruch. Keine angespannte
Atmosphäre. Wenn ich Glück habe, ein nachdenkliches Lächeln zurück. Na also,
geht doch!
Quelle: Manager Magazin
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