2001 verpflichtete
sich die deutsche Wirtschaft, mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen.
Eine umfassende Studie zeigt: Es geht nur langsam voran - wie beim "Ritt
auf einer Schnecke".
Frauen am Ball: Deutschen Firmenführungen fehlt der weibliche Kick |
Eigentlich sind sich immer alle einig:
Mehr Frauen in den Führungsetagen, das wäre gut für die Wirtschaft. Doch
tatsächlich tut sich wenig. Das belegt einmal mehr das "Managerinnen
Barometer 2015" des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW),
eine der umfassendsten aktuellen Untersuchungen zum Thema.
Der Frauenanteil in den
Vorständen der umsatzstärksten 200 Unternehmen lag demnach Ende 2014 bei
lediglich fünf Prozent. Insgesamt war das etwa ein Prozent mehr als 2013,
immerhin. Bei den 100 größten Unternehmen ist der Frauenanteil im gleichen
Zeitraum aber leicht gesunken.
Laut der DIW-Studie hat derzeit nur jedes
fünfte der Top-200-Unternehmen überhaupt eine Frau im Vorstand, nämlich 22
Prozent. In absoluten Zahlen sind dies 47 weibliche Vorstände bei 877
Vorstandssitzen. Insgesamt zählten die Forscher vier weibliche
Vorstandsvorsitze. In den Dax-30-Unternehmen, also den größten börsennotierten
Konzernen, gibt es jedoch keine einzige Chefin.
"Die Vorstände bleiben
männliche Monokulturen", sagt Elke Holst vom DIW - sie hat die
Untersuchung zusammen mit Anja Kirsch von der FU Berlin durchgeführt. Die
Selbstverpflichtung der Wirtschaft aus dem Jahr 2001, mehr Frauen in
Führungspositionen zu bringen, habe zu keiner positiven Bilanz geführt, sagt
Holst: "Auf niedrigem Niveau gleicht die Dynamik der Entwicklung eher
einem Ritt auf der Schnecke."
Auch im Finanzsektor bleiben die
Frauenanteile in Spitzengremien gering, obwohl Frauen die Mehrheit der
Beschäftigten stellen. In den Vorständen der 100 größten Banken und Sparkassen
lag der Frauenanteil Ende 2014 bei durchschnittlich knapp sieben Prozent und in
den Vorständen der 60 größten Versicherungen bei 8,5 Prozent - in beiden Fällen
fast unverändert im Vergleich zum Jahr 2013.
Etwas mehr Bewegung
zeichnet sich bei der Berufung von Frauen in Aufsichtsräte ab. Sowohl in den
Top-200- als auch in den Top-100-Unternehmen ist der Frauenanteil im Jahr 2014
um rund drei Prozentpunkte auf jeweils etwa 18 Prozent gestiegen. Bei den
Dax-30-Unternehmen war er mit knapp 25 Prozent am höchsten. Am weitesten auf
dem Weg zu einer Parität sind die Douglas Holding mit acht weiblichen
Aufsichtsräten von insgesamt 13, H&M (mit 6 von 10), Henkel (7 von 16)
sowie DB Fernverkehr und Merck (beide 6 von 16).
Allein die Diskussion verbessert die Quote
Hier dürfte sich die Diskussion um die
Frauenquote in Aufsichtsräten niederschlagen, die das Bundeskabinett
beschlossen hat, die aber noch den Gesetzgebungsprozess durchläuft. Der
Beschluss sieht einen Mindestanteil von 30 Prozent Frauen in Aufsichtsräten vor.
Den Druck, den eine
Frauenquote auf die Wirtschaft ausübt, halten Holst und Kirsch für notwendig
und zielführend. Sie belegen dies mit Beispielen anderer europäischer Länder.
So ist in Island und Norwegen die Teilhabe von Frauen in den Leitungsgremien
inzwischen am höchsten in Europa. Beide Länder haben gesetzliche Quoten, die
einen Anteil von mindestens 40 Prozent je Geschlecht vorsehen. Die größten
Zuwächse innerhalb der EU-28-Länder wurden seit 2010 in Frankreich, Italien,
Slowenien, den Niederlanden und dem Vereinigten Königreich erreicht. Besondere
Zuwächse gab es vor allem in Ländern, die entweder eine Geschlechterquote
einführten oder diskutierten.
Um den Status quo der männerdominierten
Wirtschaftswelt aufzubrechen, schlagen die Autorinnen außerdem vor, dass
Unternehmen die Frauenförderung zum Unternehmensziel erheben sollen. Auch die
kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Firmenkultur, indem etwa überlange
Arbeitszeiten hinterfragt werden oder flexible Karrieremodelle für beide
Geschlechter umgesetzt würden, ermögliche mehr Frauenkarrieren.
Dass politischer Druck wirkt, zeigen auch
die Entwicklungen in den insgesamt 60 Unternehmen, an denen der Bund beteiligt
ist. In den Vorständen ist hier der Frauenanteil um gut zwei Prozentpunkte auf
knapp 15 Prozent gestiegen, in den Aufsichtsräten sogar um fünfeinhalb
Prozentpunkte auf knapp 24 Prozent - das entspricht 142 Aufsichtsrätinnen am
Ende des Jahres 2014, 42 mehr als im Jahr davor. Im "Managerinnen
Barometer 2015", das insgesamt nur leichte Veränderungen auf niedrigem
Niveau beschreibt, ist dies der größte Sprung nach oben.
Quelle: KarriereSPIEGEL-Autorin Margarete Hucht (Jahrgang 1968) ist freie Journalistin in Berlin.
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