Frauen machen heute leichter Karriere.
Aber viele meinen, sie könnten ihre Fähigkeiten noch nicht richtig ausspielen.
Etliche Personalchefs halten die weiblichen Kollegen einfach für
überempfindlich.
Mit viel Selbstbewusstsein treiben Frauen in Deutschland ihre Karriere
voran, auch wenn sie dabei nach wie vor auf Barrieren stoßen. Knapp zwei
Drittel der berufstätigen Frauen schätzen sich selbst als erfolgreich im Beruf
ein und sehen auch für die Zukunft gute Karrierechancen. Das zeigt sich auch
bei den Gehaltsverhandlungen mit dem Arbeitgeber: 62 Pozent haben bereits aktiv
ein höheres Gehalt verlangt, nach einer Beförderung fragten immerhin 41
Prozent.
Damit verringern sich die Unterschiede zwischen den Geschlechtern, so
die Ergebnisse der internationalen Frauenstudie der Managementberatung
Accenture anlässlich des Weltfrauentags. Denn 69 Prozent der Männer fragten bei
ihrem Arbeitgeber nach einer Gehaltserhöhung und 49 Prozent nach einer
Beförderung. 4200 Frauen und Männer in mehr als 30 Ländern wurden für die
Untersuchung befragt.
Trotz dieser optimistischen Einschätzung der eigenen Karriere begegnen
viele Frauen aber noch immer Hürden auf ihrem Weg zum beruflichen Erfolg. So
gaben 40 Prozent an, für ihren jetzigen Job überqualifiziert zu sein. Bei
Männern hingegen kam nur etwa ein Viertel zu dieser Einschätzung (27 Prozent).
Keine großen Einkommensunterschiede
Einerseits fehle es an flexiblen Arbeitszeitmodellen, die speziell auf
die Bedürfnisse der Frauen zugeschnitten sind, so Accenture. Dieses Problem
wird sich nach Einschätzung der befragten Frauen sogar noch verschärfen: 37
Prozent glauben, dass es in Zukunft schwieriger werden wird, Beruf und
Privatleben miteinander in Einklang zu bringen.
Männer sind
aber noch pessimistischer: 49 Prozent der Befragten gaben an, dass eine gute
Work-Life-Balance schwieriger zu erreichen sein werde. Dementsprechend
gibt es auch für die Arbeit im Home-Office wenig Anhänger: 27 Prozent der
Frauen und 32 Prozent der Männer glauben, dass die Mehrheit der Angestellten
hauptsächlich virtuell und nicht mehr in einem Büro zusammenarbeiten wird.
Mit einer weit verbreiteten Überzeugung räumt dagegen eine andere
Untersuchung auf: Frauen verdienen kaum noch schlechter als Männer. Im Mittel
bekommen sie derzeit zwei Prozent weniger Gehalt. "Das ist das Ergebnis
unserer Studie, wenn wir gleichwertige Tätigkeiten von Frauen und Männern
miteinander vergleichen, also Tätigkeiten mit vergleichbarem Aufgabenzuschnitt
und Verantwortungsgrad", sagt Thomas Gruhle, Mitglied der Geschäftsleitung
der Unternehmensberatung Hay Group.
In den vergangenen Jahren habe sich der Gehaltsunterschied zwischen
Frauen und Männern sogar noch deutlich verringert. 2010 lag er laut Gruhle noch
bei vier Prozent. Wie es dazu kommt, dass die Wahrnehmung anders ist und Frauen
also wesentlich weniger als Männer verdienen sollen, erläutert der Berater
auch: "Oft werden in anderen Studien Äpfel mit Birnen verglichen. Wer
Durchschnittsgehälter miteinander vergleicht, wird oft einen eklatanten
Unterschied feststellen – aber nur, weil Frauen in geringer bezahlten Jobs
häufig überrepräsentiert sind", so Gruhle.
Männerdominanz in Top-Jobs vorerst
nicht gebrochen
So hätten Männer häufiger Jobs in besser bezahlten Branchen.
"Deutlich mehr Männer sind in den gut bezahlten Ingenieurs- und IT-Berufen
zu finden als Frauen", sagt Gruhle. Frauen hingegen finden sich häufiger
in Jobs in der Administration oder dem Marketing, also in Funktionen, in denen
im Mittel wesentlich geringere Vergütungen gezahlt werden. Gemäß der Accenture-Umfrage fehlt den Frauen aber noch der Glaube an
einen gesellschaftlichen Wandel. Sie seien weiterhin skeptisch, dass die
Dominanz von Männern im Top-Management gebrochen werden kann.
Nur 23 Prozent glauben, dass Männer und Frauen bis zum Ende des
Jahrzehnts gleichermaßen in Führungspositionen vertreten sein werden.
Männer trauen den Frauen jedoch mehr zu: 37 Prozent gaben an, dass beide
Geschlechter in Führungspositionen gleich stark vertreten sein werden.
"Frauen wollen heute genau wie ihre männlichen Kollegen Karriere
machen", sagt Sandra Babylon, Managing Director bei Accenture.
"Frauen planen ihre Karriere heute viel systematischer, eignen sich
gezielt bestimmte Fähigkeiten an und bauen Netzwerke auf, von denen sie
langfristig profitieren. Aber auch die Arbeitgeber müssen nach wie vor ihren
Teil dazu tun, um Frauen beim beruflichen Aufstieg gezielt zu
unterstützen", sagt Babylon weiter.
Viele stehen sich selbst im Weg
Aber dafür stehen sich Frauen wohl auch selbst im Weg – das geht aus
einer dritten Umfrage zum Weltfrauentag hervor: 39 Prozent der Personalchefs
beklagen eine zu hohe Sensibilität von Mitarbeiterinnen. Etwa 30 Prozent sind
der Ansicht, dass Frauen der Wunsch im Weg steht, von ihren Kollegen gemocht zu
werden. Befragt wurden 200 deutsche Personaler vom Personaldienstleister Robert
Half.
"Die Umfrageergebnisse legen auch nahe, dass sich auch viele Männer
mehr Zeit für Familie und Privatleben wünschen", sagt Sandra Babylon.
"Denn bei der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben sind Männer sogar
pessimistischer als Frauen. Das Ergebnis deckt sich mit unseren Erfahrungen,
dass sich gerade jüngere männliche Kollegen mehr Zeit neben dem Beruf wünschen,
um etwa ihre Rolle als Väter besser wahrnehmen zu können."
Das bedeute für die Arbeitgeber, dass sie sowohl die Kariere von Frauen
fördern, gleichzeitig aber geschlechterübergreifend neue Wege bei der
Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben gehen müssen. Babylon: "Neben
flexiblen Arbeitszeitmodellen zählten dazu auch der Einsatz von Technologien
zum vernetzten Arbeiten wie auch das Angebot, längere Auszeiten zu ermöglichen,
etwa die Elternzeit."
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