Die Quote ist für gut ausgebildete Frauen
eine Beleidigung, aber leider unvermeidbar. Was die Aufstiegschancen und
Bezahlung von Frauen angeht, ist Deutschland noch immer ein Entwicklungsland.
Jetzt
wird, so viel steht fest, das große Zetern anheben. Die Bundesregierung will ab
2016 eine feste Frauenquote von mindestens 30 Prozent für Aufsichtsräte von
Dax-Konzernen und mitbestimmungspflichtige Unternehmen einführen. Wenn eine
Firma sich außerstande sieht, einer Frau den attraktiven Posten zu überlassen,
soll er vakant bleiben, bis das angeblich Unmögliche möglich wird.
Mittelständische Firmen sollen sich ab 2015 selbst verbindliche Zielvorgaben
für Frauen im Spitzenmanagement verschreiben. Auch an der Spitze von
Unternehmen mit öffentlicher Beteiligung sollen Weibspersonen, Himmel hilf!,
eine feste Größe werden, irgendwann.
Der
Untergang des Abendlandes kündigt sich da nicht an. Das "Gesetz zum Anteil
von Frauen in Führungspositionen", dessen Leitlinien die SPD-Minister
Manuela Schwesig (Familie) und Heiko Maas (Justiz) in Berlin vorgestellt haben,
will gerade mal 108 Unternehmen zur festen Frauenquote verpflichten. Für
mittelständische Firmen ist nur eine freiwillige Selbstverpflichtung geplant,
die "Flexiquote" der CDU in neuem Gewand. Eigentlich sollte diese
Quote nach dem Wunsch der SPD bei 40 Prozent, nicht bei 30 liegen. Das aber war
gegen die Union nicht durchzusetzen. Dort wird wie in vielen Unternehmen immer
noch gebetsmühlenartig vorgetragen, es gehe doch voran. Man wisse ja, dass
Frauen in Führungsetagen fehlten, aber leider, leider: Es fänden sich halt
nicht mehr geeignete Kandidatinnen. Bitte warten.
Die Quote ist leider
unvermeidbar
Nun
ist zur Frauenquote zu sagen, dass sie - im Prinzip - eine Beleidigung ist für
jede Frau, die Verstand hat und eine Ausbildung, die sie für Spitzenjobs
qualifiziert. Wer gut ist, schafft es so oder so nach oben: Das war und ist das
Credo selbstwusster Akademikerinnen und Facharbeiterinnen - aber leider ein
Irrtum. Mädchen schneiden in der Schule besser ab als Jungen. Ihre
Uni-Leistungen sind exzellent, aber im Spitzenmanagement kommt ihr teuer
erworbener Grips in homöopathischen Dosen an. Nur 17 Prozent deutsche
Aufsichtsräte sind weiblich, in Vorständen nur sechs Prozent, Tendenz fallend.
In jedem fünften Betrieb sitzt gar keine Frau in der Chefetage.
Das
ist nicht mehr zurechtfertigen und inzwischen dankenswerterweise auch zum
echten Imageproblem geworden für Unternehmen in der Wirtschaftsnation
Deutschland, die international als führend gilt, hinsichtlicher der
Aufstiegschancen und der Bezahlung von Frauen aber Entwicklungsland geblieben
ist. 65 Jahre nach ihrer Gründung ist die Bundesrepublik immer noch nicht in
der Lage, Frauen aus freien Stücken den Platz in Wirtschaft und Gesellschaft
einzuräumen, der in vielen Nachbarländern selbstverständlich ist. Deshalb muss
jetzt die Quote her, auch wenn sie ein Notnagel ist. Den Beweis, dass es freiwillig
nicht geht, haben die führenden Köpfe der deutschen Wirtschaft selbst erbracht.
Frauen werden in
Vorstandsetagen dringend gebraucht
Wer
hört, wie nervös jetzt manche reagieren, darf schon mal lachen. Da warnt der
Chef des Deutschen Industrie- und Handelskammertags, Eric Schweitzer, die feste
Frauenquote für Dax-Unternehmen könnte ansteckend sein, bald auch
mittelständige Unternehmen infizieren. Ein "Einfallstor für weitergehende
Pflichten für Unternehmen" tue sich da auf. Wer Frauen im Spitzenmanagement
wolle, solle lieber Betreuungsmöglichkeiten für Kinder und Ganztagsschulen
schaffen. Nur zu! Wenn Arbeitgeber jetzt aus Sorge um ihre Eigenmächtigkeit und
hübsche Vorstandsposten dazu beitragen, dass Deutschland ein zeitgemäßes Bild
von Erziehung und Familie bekommt, wäre die Quote schon ein Erfolg.
Aber
es bremsen nicht nur Unternehmer. Auch Gewerkschaften sehen sich nicht in der
Lage, bei den Arbeitnehmervertretern in Aufsichtsräten für 30 Prozent Frauen zu
sorgen. Ganz unberechtigt ist der Einwand nicht. Denn vorschlagen kann eine
Belegschaft ausreichend viele Frauen, deren Wahl aber kann nicht angeordnet
werden. Hier ist ein neues Wahlsystem gefragt, etwa eines wie bei den Grünen,
mit Listenplätzen, die ans Geschlecht gebunden sind.
Geht
nicht, gibt's nicht - das gilt aber nicht zuletzt für die lieben Frauen, die
künftig in manchem Betrieb gebeten, ja gebettelt werden dürften, doch bittschön
den Stuhl im Aufsichtsrat zu besetzen oder sich vom Bund an die Spitze eines
Unternehmens mit öffentlicher Beteiligung schicken zu lassen. Diesen Frauen
wird die Quote die letzten Ausreden nehmen, warum sie Vorstandsetagen den
Krawattenträgern überlassen. Die Jobs, die es da gibt, mögen Knochenjobs sein,
aber es sind die der Entscheider. Nirgendwo sonst werden Frauen in Deutschland
mehr gebraucht.
Quelle:
http://www.sueddeutsche.de
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